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Presse

Mai 2025

30. Mai 2025: Österreich erreicht den "Tag der Abhängigkeit von Kohle, Öl und Erdgas"

Energie aus Erneuerbaren reichte rechnerisch nur bis einschließlich gestern – Österreich weiterhin stark auf fossile Importe angewiesen

Wien, 30. Mai 2025 Heute hat Österreich den symbolischen „Tag der Abhängigkeit von Kohle, Öl und Erdgas“ erreicht. 41 % des heimischen Energiebedarfs werden derzeit aus erneuerbaren Quellen wie Wasser, Wind, Sonne und Biomasse gedeckt. Der verbleibende Anteil von 59 % stammt aus fossilen Energieträgern, wobei Erdölprodukte mit 35 % auch insgesamt den größten Anteil am energetischen Endverbrauch aufweisen. Rein rechnerisch reichte die Energie aus erneuerbaren Quellen damit bis zum 29. Mai 2025 – ab dem 30. Mai ist Österreich für den restlichen Jahresbedarf auf fast ausschließlich importierte Kohle, Öl und Erdgas angewiesen.

„Der heutige Stichtag macht sichtbar, wie groß unsere Abhängigkeit von fossilen Energien noch immer ist. Gleichzeitig sehen wir in einzelnen Bereichen deutliche Fortschritte – etwa beim Photovoltaik-Zubau. Der Umbau des Energiesystems entfaltet Wirkung, wenn auch mit deutlichen sektoralen Unterschieden“, sagt Franz Angerer, Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur.

Die Anteile erneuerbarer Energien variieren in den einzelnen Sektoren (jeweils letztverfügbare Werte gemäß Erneuerbaren-Richtlinie, also 2023):​

  • Strom: Der Anteil erneuerbarer Energien liegt bei 88 %, hauptsächlich durch Wasserkraft, Wind- und Solarenergie sowie den Einsatz von Bioenergie.​ 
  • Wärme: Hier beträgt der Anteil rund 40 %, vor allem durch den Einsatz von Biomasse. Auch Wärmepumpen gewinnen zunehmend an Bedeutung.
  • Verkehr: Mit etwa 13 % ist der Anteil erneuerbarer Energien – hauptsächlich durch den Einsatz von Biokraftstoffen und auch durch immer mehr Elektromobilität – in diesem Sektor noch immer am geringsten.​

Stromsektor als Zugpferd der Energiewende

Besonders dynamisch zeigt sich die Entwicklung im Stromsektor. 2024 wurde Österreich erstmals seit dem Jahr 2000 wieder deutlicher Netto-Stromexporteur. Obwohl das Jahr wegen der guten Wasserführung von einer überdurchschnittlich hohen Erzeugung aus Wasserkraft geprägt wurde, ist das ein sichtbares Zeichen für den Fortschritt beim Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung.

Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung lag 2023 bei rund 88 %, 2024 stieg dieser Wert gar auf über 90 % (die genaue Zahl liegt erst im Herbst vor).

Selbst in einem Rekordjahr wie 2024 wird aber deutlich, dass wir unsere Potenziale für Windkraft in Österreich noch nicht zur Genüge nutzen. Das zeigt sich vor allem in den Wintermonaten, wenn die Stromimporte wieder ansteigen, weil noch nicht genug Windkraft installiert ist – eine Technologie, die den größten Teil der Erzeugung im Winterhalbjahr abliefert.

Am dynamischsten wächst weiterhin die Photovoltaik: Lag der jährliche PV-Zubau im Jahr 2020 noch bei 341 MW, hat er in den Folgejahren massiv zugenommen, er lag 2023 und 2024 jeweils bei mehr als 2.200 MW, und das geht auch 2025 noch weiter. Fast 9.000 MWp PV-Leistung sind damit bereits in Österreich installiert. „Das stellt die Netze in Zeiten großer Einspeisung vor immense Herausforderungen. Der Umgang mit Solarspitzen und die erforderliche Systemdienlichkeit des PV-Ausbaus stellen die großen unmittelbaren Herausforderungen der nächsten Jahre dar“, sagt Angerer.

„Der Strombereich zeigt, wie schnell der Ausbau Wirkung zeigen kann“, fügt Günter Pauritsch, Leiter des Centers Energiewirtschaft und Infrastruktur der Österreichischen Energieagentur, hinzu. „Aber es braucht das passende System dazu: Netze, Speicher, Flexibilität. Genau dafür muss das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) jetzt den Rahmen schaffen“, so Pauritsch.

Wärme: Umstieg spürbar, aber noch viel zu tun

Im Wärmesektor, der inklusive industrieller Prozesswärme mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs ausmacht, ist die Entwicklung verhaltener, aber ebenfalls spürbar. Der Ausstieg aus Gas- und Ölheizungen schreitet voran, der Absatz an Wärmepumpen steigt, die Nachfrage nach Förderungen und Beratungen bleibt hoch. Dennoch liegt der Anteil erneuerbarer Energie in der Raumwärme erst bei rund 40 % – mit deutlichen Unterschieden zwischen Regionen und Gebäudekategorien. Besonders im verdichteten urbanen Raum und im unsanierten Gebäudebestand besteht weiterhin hoher Handlungsbedarf.

Verkehr bleibt noch fossil dominiert

Im Verkehrsbereich bleibt die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern besonders hoch. Zwar steigt bei den Neuzulassungen der Anteil an Elektrofahrzeugen kontinuierlich und lag in den letzten Monaten stets deutlich über 20 %, dennoch beträgt der Anteil erneuerbarer Energie am Gesamtverbrauch des Verkehrssektors weiterhin nur rund 13 %.

„Technologisch ist der Wandel im Verkehr längst möglich. Doch während andere Länder wie Norwegen, Dänemark, China und Schweden zeigen, wie die Verkehrswende gelingen kann, tun wir uns hierzulande noch schwer, wirklich Fahrt aufzunehmen – dabei ist gerade die Elektrifizierung der Mobilität für die Energiewende unerlässlich“, so Pauritsch. Zuletzt vermeldete die Statistik Austria, dass Ende April 2025 knapp 220.000 rein elektrisch betriebene Pkws in Österreich unterwegs waren – 4,2 % des gesamten Pkw-Bestands.

Unsere Energiewelt 2040: Ein attraktives Bild der Energiezukunft

Wie ein klimaneutrales, weitgehend unabhängiges Energiesystem für Österreich aussehen kann, zeigt das Projekt „Unsere Energiewelt 2040“ der Österreichischen Energieagentur. Das errechnete Szenario fungiert als erstrebenswertes Zukunftsbild mit 97 % erneuerbarer Energieversorgung und damit deutlich effizienter (sinkender Endenergieverbrauch), unabhängiger (Importrate von 60 % auf 10 % gesenkt) und klimafreundlicher (Verringerung der Treibhausgasemissionen um 96 %) als heute.

Dem Szenario zufolge verdoppelt sich der Strombedarf bis 2040. Gedeckt wird er durch heimische Wasserkraft, Windkraft, Photovoltaik und ergänzende thermische Anlagen. Speicher, Netzausbau und Systemflexibilität bilden die weitere Basis für Versorgungssicherheit.

„Klimaneutralität ist technisch möglich – und wirtschaftlich sinnvoll. Unsere Energiewelt 2040 zeigt, dass Versorgungssicherheit, Preisstabilität und Klimaschutz zusammen gedacht werden können und müssen“, sagt Angerer.

Fortschritte anerkennen, Lücken klar benennen

Die Entwicklungen der vergangenen Jahre zeigen: Der Umbau des Energiesystems ist sinnvoll – und er ist bereits im Gange. Aber der heutige Tag verdeutlicht auch, wie groß die Lücke noch ist. Der Ausbau der Erneuerbaren muss in allen Sektoren weitergehen – für die Versorgungssicherheit, die Unabhängigkeit und den Klimaschutz.